Ein hochrangiger Mitarbeiter des Generalstabs der russischen Streitkräfte veröffentlichte kürzlich einen Bericht, der eine Vielzahl von Problemen bei der Mobilmachung aufzeigt und die Bildung neuer Divisionen ankündigt. Es scheint jedoch, dass das Papier nie für die Öffentlichkeit bestimmt war und wurde daher umgehend gelöscht.
Die unabhängige russische Zeitung “The Insider” konnte jedoch die Informationen sichern und dokumentiert nun die Beschwerden des russischen Generalstabs über verschiedene Probleme.
In dem offiziellen Papier wird angeführt, dass die russische Armee mit der “mangelnden Bereitschaft eines Teils der Gesellschaft, den militärischen Pflichten nachzukommen” zu kämpfen hat. Als Grund dafür wird der “Informationsdruck” genannt, der von Internet-Bloggern ausgeht.
Oppositionsaktivisten in Russland rufen zahlreiche Bürger dazu auf, sich gegen die Mobilmachung zu wehren. Obwohl pro-kremlische Aktivisten kriegsbegeistert sind, schweigen sie nicht mehr über die Rückschläge der russischen Armee. Beide Aspekte scheinen sich auf die Kampfbereitschaft der russischen Bevölkerung auszuwirken.
Moskau plant daher, aufgrund dieser “mangelnden Bereitschaft” den Druck auf die Bürger deutlich zu erhöhen. Die Kreml-Behörden haben Razzien bei Wehrpflichtigen im Jahr 2023 geplant.
Das russische Kriegsministerium hat das Ziel, keinen einzigen russischen Staatsbürger im wehrpflichtigen Alter zu verpassen. Laut dem offiziellen Bericht wurde eine Datenbank mit 2,9 Millionen Männern im wehrpflichtigen Alter erstellt. Die Behörden sammeln außerdem die aktuellen Handynummern und E-Mail-Adressen der Wehrpflichtigen.
Die russischen Streitkräfte haben Schwierigkeiten, Soldaten mit Waffen und anderer Ausrüstung zu versorgen. Deshalb müssen staatliche und private Unternehmen herangezogen werden, um die Engpässe zu kompensieren.
Dies bedeutet, dass Moskau aufgrund der schlechten Versorgungslage kaum in der Lage ist, seine Drohungen, Millionen von Männern zu rekrutieren, wahr zu machen. Die Suche nach qualifizierten Kämpfern gestaltet sich schwierig. Das Verteidigungsministerium hat bereits begonnen, Mitarbeiter von Sicherheitsfirmen einzuziehen und an die Front zu schicken.
Trotz all dieser Probleme hat der russische Generalstab ehrgeizige Pläne für das laufende Jahr. Es ist geplant, eine neue Armee zu formieren, ein Armeekorps, fünf Divisionen und 26 Brigaden aufzustellen. Zusätzlich soll ein neuer Militärbezirk am Asowschen Meer geschaffen werden.
Seit Monaten diskutieren Experten, ob Kreml-Diktator Wladimir Putin (70) eine neue Welle der Mobilmachung plant. Zuletzt hatte Putin nach schweren militärischen Rückschlägen in der Ukraine im September 2022 eine Teil-Mobilmachung ausgerufen, ließ 300 000 Russen rekrutieren.
Beobachtern zufolge will Putin eine Generalmobilmachung so lange wie möglich hinauszögern, um die unter Sanktionen ächzende russische Wirtschaft nicht noch weiter zu belasten und der Bevölkerung keinen Anlass zu geben, gegen sein Regime zu demonstrieren.
Der wohl aus Versehen veröffentlichte Bericht zeigt: Russland bereitet sich auf weitere Wellen der Mobilmachung vor. Allerdings ist man sich in Moskau der großen Probleme bewusst, die eine neue Rekrutierungswelle mit sich bringt.