Ein mutmaßlicher Spionage-Ballon Chinas ist in den USA abgeschossen worden. Fernsehbilder zeigten eine kleine Explosion, anschließend fiel der Ballon in Richtung Wasser. Die US-Bundesluftfahrtbehörde FAA hatte den Luftraum zuvor örtlich gesperrt.
Das US-Verteidigungsministerium hat den Abschuss eines mutmaßlichen Spionageballons aus China über dem Atlantik bestätigt. „Heute Nachmittag haben US-Kampfflugzeuge (…) auf Anweisung von Präsident Biden den von der Volksrepublik China gestarteten und ihr gehörenden Überwachungsballon in großer Höhe über den Gewässern vor der Küste von South Carolina im amerikanischen Luftraum erfolgreich zum Absturz gebracht“, teilte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin am Samstag mit.
US-Präsident Joe Biden gratulierte dem Militär. Der Abschuss sei „erfolgreich“ verlaufen, sagte er in Maryland. Biden habe bereits am Mittwoch die Erlaubnis zum Abschuss erteilt, sobald die Mission ohne unangemessenes Risiko für Menschenleben erfüllt werden könnte, erklärte Außenminister Austin weiter. Nach sorgfältiger Analyse sei man zu dem Schluss gekommen, dass ein Abschuss des Ballons über Land aufgrund der Größe und Höhe des Ballons und seiner Last zu gefährlich sei. Man habe deshalb entschieden, den Ballon sicher über US-Hoheitsgewässern abzuschießen. Die Maßnahme sei in Zusammenarbeit mit Kanada durchgeführt worden.
Fernsehbilder zeigten am Samstag eine kleine Explosion, anschließend fiel der Ballon in Richtung Wasser. US-Militärflugzeuge flogen in der Nähe. Die Trümmerteile seien in rund 14 Meter tiefem Wasser gelandet. Wie lange die Bergung durch Marine und Küstenwache dauern würde, war zunächst nicht klar. Eine Operation zur Bergung der Trümmerteile lief an.
Zuvor hatte die US-Bundesluftfahrtbehörde FAA vorübergehend den Luftraum über der Küste der beiden Carolinas gesperrt. Die Küstenwache wies Schiffe an, die Gegend umgehend zu verlassen. Als Grund wurden US-Militäroperationen genannt, „die eine bedeutende Gefahr darstellen“.
Der Ballon war zunächst über Montana gesichtet worden, wo sich auf dem Luftwaffenstützpunkt Malmstrom Air Force Base amerikanische Atomraketensilos befinden. US-Außenminister Antony Blinken nannte das Eindringen des „Überwachungsballons“ in den Luftraum der USA „inakzeptabel“ und „unverantwortlich“.
China sprach dagegen von einem Forschungsballon, der durch „höhere Gewalt“ vom Kurs abgekommen sei. Für Aufregung in den USA sorgte auch, dass der Ballon nahe der US-Luftwaffenbasis in Montana flog, wo mit Atomsprengköpfen bestückte Interkontinentalraketen lagern.
Der mutmaßliche chinesische Spionageballon über US-Territorium belastete die diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern. Nach der Entdeckung des Ballons sagten die Vereinigten Staaten eine Reise von US-Außenminister Antony Blinken ab. Blinken sollte am Sonntag Gespräche in Peking führen mit dem Ziel, die Spannungen zwischen den USA und China zu reduzieren.
Peking spielte die Bedeutung der Absage des geplanten Besuchs von Blinken herunter. Die USA und China hätten nie einen Besuch vereinbart, teilte das Außenministerium am Peking am Samstag mit. Stattdessen hätten die USA die Reise einseitig angekündigt, was China respektiert habe.
Das chinesische Außenministerium beteuerte am Samstag erneut, der Ballon sei nicht zu steuern. Es forderte die USA auf, das Land nicht aufgrund des Ballons zu verleumden. China halte sich strikt an das Völkerrecht und akzeptiere keine unbegründeten Spekulationen, sagte ein Sprecher. „Angesichts unerwarteter Situationen müssen beide Parteien Ruhe bewahren, rechtzeitig kommunizieren, Fehleinschätzungen vermeiden und Differenzen bewältigen“, hieß es in der Mitteilung.
Unzensierte Reaktionen im Internet spiegelten die offizielle Haltung der chinesischen Regierung wider, wonach die USA die Situation übertreiben. Viele Nutzer machten Witze über den Ballon. Einige erklärten, der Ballon könne nicht kontrolliert werden, weil die USA Beschränkungen für den Verkauf von technologischen Komponenten an China verhängt hätten. Andere machten sich über die US-Verteidigung lustig, die sich nicht einmal gegen einen Ballon verteidigen könne. Am Samstagabend war eine Suche im sozialen Netzwerk Weibo nach dem dort zu dem Thema genutzten Hashtag „wandernder Ballon“ allerdings nicht mehr möglich.
Das Pentagon bestätigte zudem Berichte über einen zweiten Ballon über Südamerika. „Wir schätzen das jetzt so ein, dass es ein weiterer chinesischer Beobachtungsballon ist“, sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder später. Das chinesische Außenministerium reagierte nicht auf Fragen zu einem möglichen zweiten Ballon.